From Print to digital – Lizenzrechte im Laufe der Zeit und „Total Buyouts“

Die Gewerkschaft Verdi berichtet über ein (Teil-)Urteil des LG Hamburg. Der Kläger, ein freier Journalist, setzte als Urheber gegen ein bekanntes Medienhaus erfolgreich Unterlassungsansprüche durch. Eine Entscheidung (zumindest in erster Instanz) die nicht nur für JournalistInnen und AutorInnen interessant ist.

Der Fall

Die Beklagte betreibt ein digitales Archivs in welchem Texte von Musikmagazinen gesammelt werden. In dem Archiv befanden sich auch Texte des klagenden Journalisten. Die Texte stammen zum Teil noch aus den 70er Jahren.

Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagte keine Lizenz für die Online-Veröffentlichung besitzt. Er forderte von der Beklagten Unterlassung und Schadenersatz in Form von Lizenzgebühren.

Die Beklagte beruft sich auf einen „Total Buyout“. Der Kläger könne weder Unterlassung noch Schadenersatz verlangen. Die Beklagte verfüge über eine Lizenz für die Veröffentlichung. Die Vergütung für die Lizenz sei mit dem Ersthonorar abgegolten.

Im Verfahren konnte der Kläger das Gericht überzeugen, dass er ursprünglich nur eine einfache Lizenz erteilt hat. Die Beklagte wurde daraufhin verpflichtet, die öffentliche Zugänglichmachung der Texte des Klägers ohne entsprechende Lizenz zu unterlassen. Laut Verdi lautet der Kernsatz des (Teil-)Urteils:

„Dem Kläger steht der mit dem Klageantrag zu 1. erhobene Unterlassungsanspruch gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG zu. Die Beklagte hat widerrechtlich das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung des Klägers i. S.d. § 19a UrhG verletzt.“

Die entscheidenden Normen lauten:

§ 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG:

„Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.“

§ 19a UrhG:

„Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist das Recht, das Werk drahtgebunden oder drahtlos der Öffentlichkeit in einer Weise zugänglich zu machen, dass es Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich ist.“

Die Veröffentlichung in dem Archiv ist hier die „öffentliche Zugänglichmachung“. Da das Gericht einen Verstoß gegen dieses (§ 19a UrhG) Urheberrecht bejaht, spricht es konsequent den Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG zu. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Beklagte hat Rechtsmittel eingelegt. Eine Entscheidung durch das OLG Hamburg steht noch aus.

Neben dem Unterlassungsanspruch enthält § 97 UrhG auch einen Schadenersatzanspruch.

§ 97 Abs. 2 Satz 1UrhG:

„Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.“

Auf diesen Schadenersatzanspruch stützt sich auch der Kläger. In der Klage steht ein Schadenersatzanspruch von über 6.000 Euro im Raum.

Was bedeutet das für Kreative?

Es lohnt sich für Kreative ihr Werk und dessen Verwertung im Blick zu haben. Dies gilt für alle Kreativen, egal ob IllustratorInnen, GrafikerInnen, FotografInnen, AutorInnnen oder andere UrheberInnen.

Auch wenn Lizenzen vertraglich vereinbart wurden, ist damit nicht alles geklärt. VertragspartnerInnen nutzen Werke öfter auch über das vertraglich vereinbarte Maß hinaus.

In dem Fall des Journalisten wurden ursprünglich Lizenzen für die Veröffentlichung in einem Print-Magazin erteilt. An eine Lizenz für ein Online-Archiv hat in den 70ern noch niemand gedacht. Die Beklagte beruft sich deswegen auch auf einen „Total-Buyout“.

„Total Buyout“

Bei einem „Total Buyout“ werden alle Nutzungsrechte exklusiv und unwiderruflich übertragen. Oft wird eine Übertragung ohne zeitliche Einschränkung vereinbart. Es werden auch (noch) unbekannte Nutzungsarten erfasst und übertragen. Die UrheberIn erhält für die Übertragung eine (meist) pauschale Vergütung.

Aber auch in so einem Fall ist nicht alles klar. Wenn die Vergütung im Verhältnis zu Nutzung zu gering ausfällt, besteht ein Nachvergütungsanspruch. Der Kunde muss also unter Umständen nachzahlen. Selbst wenn ein „Total Buyout“ vereinbart wurde, muss die vereinbarte Klausel nicht wirksam sein.

Seit der Einführung des § 40a UrhG hat sich die Rechtsstellung von UrheberInnen in den Fällen eines „Total Buyout“ verbessert. Leider gilt diese Änderung nicht rückwirkend für Altverträge. Bei diesen muss geprüft werden, ob die Klausel wirksam ist und die Rechteeinräumung und gezahlte Vergütung in einem angemessenen Verhältnis zueinanderstehen.

 

tl;dr: Kreative sind nicht schutzlos, wenn ihre Rechte verletzt werden und können – wie das Urteil zeigt – ihre Rechte auch durchsetzen. Auch für Werke die gedanklich bereits zu den Akten gelegt und vergessen wurden, können Ansprüche bestehen. Es lohnt sich zu prüfen, ob die notwendigen Lizenzen vorliegen – egal ob „Total Buyout“ oder nicht.